Wirtschaftsordnungen aus einer ethischen Betrachtung |
Mittwoch, 03. Dezember 2008 um 11:31 |
1. Ordnung und Ethik Will man wirtschaftliche Ordnungstheorien diskutieren, muss man sich zuerst darauf einigen, was für eine Art von Ordnung angestrebt werden soll. Selbst wenn ein Vertreter eines strikten Kosmos-Denkens davon ausgeht, eine globale Wirtschaftsordnung entstehe spontan, sofern man sich mit politischen Eingriffen weitgehend zurückhält, muss dieser Kriterien angeben, wie man eine geordnete Welt oder Gesellschaft von einer ungeordneten unterscheiden kann. Mit der Frage, was für eine Art von Ordnung angestrebt werden soll, ist schon vor Beginn einer wirtschaftlichen Erörterung eine philosophische Grundentscheidung zu treffen. Nach Walter Eucken besteht das Ziel aller Wirtschaftsprozesse in der „Überwindung der individuellen Knappheit“ ; die zu erstrebende Ordnung bezeichnet er als eine, „die dem Wesen des Menschen und der Sache entspricht“ ; sie solle „funktionsfähig und menschenwürdig sein“ . Der Begriff ‚sollen‘ ist ein Begriff der Ethik; über Pflichten jedoch gibt es in einer Welt mit unterschiedlichen Kulturen und pluralen Wertvorstellungen große Meinungsverschiedenheiten. Johannes Müller fordert deshalb von einem moralischen Standpunkt als „tragfähige[r] Begründung einer Ethik der Wirtschaft“, dass dieser „möglichst universal und interkulturell vermittelbar ist“ . Erfahrungen, vor allem solche, die allen Menschen gemeinsam sind, sind viel besser vermittelbar als abstrakte ethische Konzepte und setzen außerdem keine metaphysischen Vorentscheidungen (wie z.B. die Existenz einer menschlichen Seele) voraus; damit erfüllen sie diese Voraussetzungen. Die Erfahrung von Leid und Ungerechtigkeit führt in Verbindung mit der menschliche Fähigkeit, sich in die Lage der Mitmenschen zu versetzen (diese wird von Peter Ulrich als „kognitive Wurzel unserer Moralität.“ beschrieben), zu der kulturunabhängigen Pflicht, menschliche Leiderfahrungen wie Hunger, Armut, Diskriminierung oder Unterdrückung zu verringern. „Die Aufgabe wirtschaftlicher Ordnungspolitik bzw. Weltordnungspolitik ist es, den Markt […] so zu steuern, dass er zum Nutzen aller wirksam werden kann.“ Diese Arbeit wurde mit dem Ziel geschrieben, die verschiedenen wirtschaftlichen Ordnungstheorien, vor allem die Theorie der spontanen Ordnung (das Kosmos-Denken), von einem normativ-ethischen Gesichtspunkt her zu beurteilen. Im 5. Kapitel wird erörtert, ob die Idee der spontanen Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Ziel einer gerechten Weltordnung vereinbar ist und die ethischen Mindestforderungen, nämlich die Stillung der Grundbedürfnisse und die Garantie der grundlegenden Rechte aller Menschen, erfüllen kann. Im Anschluss wird eine öko-soziale Gestaltung der wirtschaftlichen Rahmenordnung dargestellt, deren Grundlagen es sind, nur marktkonforme Eingriffe in die Wirtschafts-vorgänge zu gewähren und außerdem das sich in einem liberalen Markt schnell entwickelnde „ethische Marktversagen“, das durch fehlende Informationen über die Folgen unethischen Konsums ausgelöst wird, durch eine breite Aufklärung über diese Folgen zu überwinden.
2. Kosmos und Taxis Aristoteles unterscheidet im 5. Buch seiner Nikomachischen Ethik die distributive Gerechtigkeit (‚Soziale Gerechtigkeit‘) und die kommutative Gerechtigkeit des Tausches: „Von der Gerechtigkeit im speziellen Sinn und dem in ihrem Sinne Gerechten findet sich die eine Form bei der Verteilung von Ehre, Geld oder anderen Gütern, die unter den Mitgliedern der Staatsgemeinschaft teilbar sind […]. Die andere Form betrifft den Ausgleich in Transaktionen zwischen Menschen. Diese hat wiederum zwei Teile. Von den Transaktionen sind nämlich die einen gewollt, die anderen gegen das eigene Wollen. Gewollt sind zum Beispiel Kauf, Verkauf, Darlehen, Bürgschaft, Nutznießung, Deposition, Miete (man bezeichnet diese als gewollt, weil der Ursprung der Transaktionen im eigenen Wollen liegt). Von den Transaktionen gegen das Wollen sind die einen heimlich, zum Beispiel Diebstahl, Ehebruch, Giftmischerei, Kuppelei, Verführung von Sklaven, Meuchelmord, falsches Zeugnis. Die anderen sind gewaltsam, zum Beispiel Misshandlung, Freiheitsberaubung, Totschlag, Raub, Verstümmelung, Verleumdung, Beleidigung.“ Aristoteles charakterisiert hier das Gerechtigkeitsverständnis einer „Taxis“ und das eines „Kosmos“. Um Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu garantieren, ist im Kosmos-Denken die Aufgabe des Staates, den gerechten Verkehr der Einzelnen untereinander zu regeln: Jeder Verkehr muss eine freiwilliger sein; unfreiwillige Transaktionen müssen vom Staat geahndet und bestraft werden. Die Taxis (altgr. Reihenfolge, gute Ordnung; abgeleitet von ta,ssw, altgr. anordnen, unterordnen) ist die Gerechtigkeit der Zuteilung von öffentlichen Gütern. Dieser Begriff wurde auf jede Art von Einmischung des Staates in wirtschaftliche Vorgänge ausgeweitet. Das Ideal einer Taxis ist die Gemeinsamkeit der Ziele ; Es wird versucht, eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu konstruieren, die im Plan der Konstrukteure diese Ziele am schnellsten erreichen kann.
3. Reines Taxis-Denken: Planwirtschaft und Kommunismus Die Idee einer konstruierten Gesellschaft ist kein Produkt des 19. und 20. Jahrhunderts. Schon Platon war der erste Vertreter eines strikten Taxis-Denkens, in seinem Werk „Politeia“ entwirft er einen totalitären Idealstaat, der aristokratisch von eigentumslosen, zölibatär lebenden Philosophenkönigen regiert wird; nach der Kritik Karl Poppers spricht sich Platon klar für Selektion und Kommunismus aus ; das Ideal der Chancengleichheit wird „bis zu einem eugenischen Zuchtstaat durchgeführt“ . Die Ursprünge des Kommunismus finden sich auch in jüdischer Tradition: Die Forderung, das Land müsse regelmäßig so umverteilt werden, dass jeder Bauer sein Auskommen findet, ist in der Bibel im Buch Levitikus aufzufinden, dem dritten Buch des Pentateuchs. „[Die Kommunisten] erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. […] Proletarier aller Länder – vereinigt euch!“ Obwohl dies nicht im Sinne von Marx war, verlangt nicht nur die Errichtung sondern auch die Aufrechterhaltung eines kommunistischen Staates die Beschränkung vieler Freiheitsrechte und damit die Verursachung von menschlichem Leid. Des Weiteren führt ein System, in dem jeder Arbeiter unabhängig von seiner Leistung denselben Lohn erhält, zu einem Leistungsabfall. Durch diese niedrigere Gesamteffizienz wird es immer schwieriger, die Grundbedürfnisse aller Menschen zu decken.
4. Reines Kosmos-Denken: Natürliche Evolution Die Kernthese F.A. von Hayeks besteht in der Annahme, dass eine Ordnungspolitik durch Eingreifen in die Wirtschaftsvorgänge unmöglich ist, da der Staat sich dabei ein Wissen anmaßt, welches er nie besitzen kann. Hayek spricht von der „Grundtatsache der unvermeidlichen Unkenntnis des Menschen von einem Großteil dessen, worauf das Funktionieren einer Zivilisation beruht.“ Der Staat soll aber nicht nur ein Eingreifen in die Wirtschaftsvorgänge unterlassen, auch soll er den Ordnungsrahmen nicht konstruktivistisch gestalten. Dies beinhaltet eine totale Ablehnung jeder Taxis, jedes sozialistischen Planungsgedankens. Die Grundaufgabe des liberalen Staates ist folglich, einen freien Wettbewerb zu garantieren und Monopole zu unterbinden; der Staat muss ein starker Staat sein – nicht durch eine möglichst hohe Staatsquote wie in Deutschland, aber er muss stark genug sein, um sämtliche Privilegien suchende Gruppen abwehren zu können. Des Weiteren ist ein geringes Maß an Ordnungspolitik erlaubt, jedoch nur in dem Umfang, wie dieses Monopole verhindern und Privilegienfreiheit garantieren kann : Jedes Unternehmen soll die gleichen Chancen bekommen, am Markt teilzunehmen; keine Gruppe darf vom Staat begünstigt werden. Dadurch wird der freie Wettbewerb garantiert und die Grundlage für eine spontane Entwicklung der Gesellschaftsordnung gesetzt. Eine solche spontane Ordnung der Gesellschaft nützt das auf Millionen Menschen verteilte Wissen und fordert Eigenverant-wortung – somit ist sie um ein Vielfaches effizienter als alle anderen Systeme.
5. Das Wesen der spontanen Ordnung Nach der schottischen Schule muss eine natürliche Ordnung „nicht mit egalisierendem Staatszwang erst herbeigeführt werden, sie ist […] bereits latent da – nur vielfach behindert und verdeckt durch ‚falsche Gesetze‘“ . Das Bild der unsichtbaren Hand vermittelt eine falsche Vorstellung der Idee der spontanen Ordnung: Es ist kein übermächtiges Wesen, das in der paläoliberalen Vorstellung die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vorgänge koordiniert und ordnet. Eine Ordnung von der Art, wie sie angestrebt werden solle, sei bereits in der „seelischen Natur des Menschen“ vorhanden. Im spontanen Zusammenwirken der Menschen würden diese Seelenordnungen – falls sie nicht durch konstruierte Institutionen und Regelwerke behindert werden – sich zu einer gesellschaftlichen Ordnung zusammenfügen. Diese „naturpsychische Ordnung“ (Edgar Salin) ist auch ein Grundgedanke der chinesischen Philosophie: „Eine harmonische Gesellschaft, das ist eine wohlkoordinierte, beginnt nach Konfuzius mit der Ordnung des eigenen Selbst, und von da an politisch hoch bis zur Ordnung des Staates“ . Prämisse 1: Die seelische Natur des Menschen ist eine ethische. Konklusion: Ohne geschaffene Institutionen und Regelwerke entsteht eine ethische Ordnung der Gesellschaft. In diesem Argument ist das Adjektiv ‚ethisch‘ normativ verwendet: Es verweist auf das Moralprinzip der „allgemeinen normativen Logik der Zwischenmenschlichkeit“ , wie es etwa Peter Ulrich entfaltet. Ist jedoch Moral – wie von F.A. von Hayek vertreten – ausschließlich ein Produkt eines evolutionären Vorgangs, existiert keine normative Ethik. So ergibt sich ein logischer Widerspruch zu Prämisse 1: Gibt es keine normative Ethik, kann auch der seelischen Natur des Menschen keine ethische Ordnung zugrunde liegen. Des Weiteren lässt sich Prämisse 3 scharf angreifen: Trifft man eine metaphysische Vorent-scheidung zugunsten eines freien Willens, ist jedem Menschen selbst die Wahl überlassen, ob er ethisch handeln will oder nicht. Freie Entscheidungen können nicht ausschließlich von äußeren Gegebenheiten, wie z.B. der Existenz von Institutionen abhängen. Prämisse 1: Die seelische Natur des Menschen ist eine ethische.
Damit die Grundbedürfnisse aller Menschen gestillt werden und alle Menschen Bildung und Freiheit genießen, ist jedoch zuerst eine ethische Ordnung der Gesellschaft notwendig. Diese lässt sich – soll sich der Staat heraushalten – nur erreichen, wenn die Grundbedürfnisse aller gestillt werden und alle Menschen Bildung und Freiheit genießen. An diesem circulus vitiosus erkennt man, dass die Utopie, allein durch das Heraushalten des Staates aus allen wirtschaftlichen Vorgängen würde es allen Menschen gut gehen, nicht haltbar ist.
6. Grundsätze der Wirtschaftspolitik Mittlerweile haben fast alle Ökonomen eingesehen, dass weder ein reine Taxis- noch eine reine Kosmos- Gestaltung der Gesellschaft und Wirtschaft ethische Anforderungen erfüllt. Walter Eucken erkennt in seinen „Gründsätzen der Wirtschaftspolitik“ (1952), dass die individuellen Wirtschaftsordnungen der einzelnen Länder Mischformen der zwei Grundformen von Wirtschaftsplänen (Zentralverwaltungs- und Planwirtschaft) sind. Trotz der Verwerfung einer Dichotomie von Kosmos und Taxis besteht aber weitgehender Konsens, dass beim Kriterium Effizienz, das auch eine große Auswirkung auf die soziale Gerechtigkeit hat (Wenn nichts oder wenig da ist, ist eine gerechte Verteilung kaum von Nutzen.), die freie Marktwirtschaft – also das Kosmos-Denken – ganz klar im Vorteil ist: Ein freier Markt ist das effizienteste Mittel, um Wohlstand (für die breite Masse?) zu schaffen. So bezeichnet Alexander Rüstow bei der Rechtfertigung der Marktwirtschaft „die Steigerung der Produktivität [als] eine überwirtschaftliche Forderung, eine soziale Forderung, eine ethische Forderung“ . Da eine freie Marktwirtschaft das „produktivste Wirtschaftssystem“ darstellt, müsse mit direkten Eingriffen in den Markt strengste Zurückhaltung geübt werden; der Staat dürfe nur in einer marktkonformen Weise, und zwar durch die Gestaltung des Marktrandes (d.h. des Marktrahmens), in die Wirtschaft eingreifen. Damit spricht man sich auch (wie von Hayek das sehr deutlich tat) gegen die Theorie des Keynesianismus und dessen antizyklische Finanzpolitik zur Aufrechterhaltung der Gesamtnachfrage aus.
7. Eine soziale Gestaltung der globalen Rahmenordnung Es ist ein großer Spagat, den die ordoliberalen Schulen zu machen versuchen: Wie lässt sich der Markt nach ethischen Kriterien umgestalten, ohne dabei in den Markt einzugreifen, was zu einer Senkung der Produktivität führen und damit den ethischen Zielen entgegenlaufen würde ? Um Rahmenbedingungen für eine globale ethische (öko-soziale) Marktwirtschaft setzen zu können, bedarf es globaler Institution, die Rahmenbedingungen für den gesamten Markt setzen können. Existierende Institutionen wie die WTO, der IWF oder die Weltbank sind „zwar international, aber nicht kosmopolitisch“ , d.h. „sie gründen auf Interessenabsprachen zwischen Nationalstaaten und ihren Repräsentanten […] In solchen Metainstitutionen bilden nicht die Bürger den Souverän, sondern die Staaten“ Überspitzt könnte man die heutigen politischen wie wirtschaftlichen globalen Institutionen in Anlehnung an Max Stirner als Vereine der Egoisten bezeichnen.
8. Marktkonforme Eingriffe Die Aufgaben des (Welt-)Staates lassen sich zusammenfassend in die drei Ebenen der Sozialität aufteilen: Garantie des freien Wettbewerbs; Ordnungspolitik mit dem Ziel der Chancengleichheit und der Wahrung der Menschenrechte; Umverteilung des Reichtums zum Vorteil der durch physische (und historische) Faktoren Benachteiligten, wobei das vorrangige Ziel sein muss, die physischen Mindestbedürfnisse aller Menschen zu befriedigen. „[Im Gebrauchtwagenmarkt] kennen die Verkäufer als Eigentümer die Qualität ihres Gebrauchtwagens genau. […] Für die Käufer ist es unmöglich, die Qualität eines einzelnen Fahrzeugs genau zu beurteilen. Sie bewerten alle Fahrzeuge eines Fahrzeugtyps gleich und kennen somit nur die durchschnittliche Qualität dieses Typs. Da vor Vertragsabschluss die eine Marktseite besser über die Qualität des Produkts informiert ist, liegt eine Informationsasymmetrie vor. Ein Informationsaustausch zwischen den Anbietern und den Nachfragern wird ausgeschlossen. Aufgrund dieser Informationsasymmetrie werden alle Autos zunächst zu einem gleichen Preis gehandelt, der die durchschnittliche Qualität widerspiegelt. Während auf der einen Seite die Anbieter schlechter Qualitäten hiervon profitieren, wird auf der anderen Seite der Verkäufer eines überdurchschnittlich guten Wagens keinen höheren Preis realisieren können, da der Käufer die gute Qualität nicht erkennen kann. Dies bedeutet, dass Güter unterschiedlicher Qualität nicht mehr zu unterschiedlichen Preisen gehandelt werden. Der Fall des Marktversagens, der bei Gebrauchtwagen im Hinblick auf eine öko-soziale Weltwirtschaft ziemlich unbedeutend erscheint, ergibt sich bei anderen Beispielen jedoch als sehr ausschlaggebend: Die Nachfrage eines Produktes wird von den Konsumenten (meist aufgrund mangelnder Informationen oder aber auch der Ignoranz, diese Informationen nicht wahrhaben zu wollen) kaum mehr davon abhängig gemacht, wie das Produkt entstanden ist, ob bei diesem Produktionsprozess Mensch oder Tier ausgebeutet wurde, was dieser Produktionsprozess für Auswirkungen auf die Umwelt hat, wie groß der Ressourcenverbrauch für dieses Produkt ist und welche Auswirkung dieses Produkt auf die Gesundheit des Konsumenten hat.
9. Ethischer Konsum als Grundlage eines ethischen Marktes Da Verbraucher nicht bei jedem Einkauf alle ausschlaggebenden Informationen über ein Produkt in Erfahrung bringen können, müssen einerseits international ethische Mindeststandards für die Herstellungsbedingungen von Gütern festgelegt werden (z.B. Verbot von Kinderarbeit, Verbote von gesundheitsgefährdenden Stoffen in Lebensmitteln oder Genussmitteln, bzw. das Versehen der Produkte mit entsprechenden Warnhinweisen, wie dies bei Tabak in der EU mittlerweile umgesetzt wurde), andererseits müssen den Verbrauchern mehr Informationen über alle Produkte besser zugänglich gemacht werden. „Letztlich geht es darum, die Konsumentensouveränität, die die ökonomische Theorie einfach als gegeben voraussetzt, durch geeignete institutionelle Rahmenbedingungen und Unterstützungsformen zu fördern und für reflektierende Konsumenten real lebbar zu machen.“ Dies gelingt durch Konsumenteninformationen, Konsumentenberatung und durch „das öffentliche Engagement für die politische Realisierung einer fortschrittlichen Gesetzgebung im Bereich des Konsumentenschutzes“ . Die Kennzeichnungspflicht von gentechnisch veränderten Produkten, die Stiftung Warentest oder das Biosiegel sind erste Schritte auf diesem Weg. Die Stillung aller Grundbedürfnisse, eine menschenwürdige Behandlung und Bildung, vor allem im Bereich der ethischen Auswirkungen des Konsumverhaltens, führt verstärkt dazu, dass Menschen nach ihrer ethischen Natur handeln. Daraus ergibt sich – sofern keine Institutionen oder Regelwerke dies behindern – ein ethisches Konsumverhalten, aus dem sich eine ethische Ordnung der Weltwirtschaft ergibt. So überträgt sich die natürlich ethische Ordnung der Seele auf die Gesellschaft.
BOHMAN, James, Die Öffentlichkeit des Weltbürgers. Über Kant »negatives Surrogat«, in: Lutz-Bachmann, M. / Ders. (Hgg.), Frieden durch Recht. Kants Friedensidee und das Problem einer neuen Weltordnung, Frankfurt a.M. 1996, 87-113. BORCHERT, Jan Eric / GOOS, Philipp, Analysen von Märkten mit asymmetrischer Information. Zum Nobelpreis von George A. Akerlof, Michael Spence and Joseph E. Stiglitz, www.wi2.wiso.uni-goettingen.de/getfile?DateiID=536 (6.9.2005). COBBERS, Christian, Die Globalisierung der Finanzmärkte als wirtschaftsethische Herausforderung. Das Beispiel der Asienkrise, Düsseldorf 2005, DETJEN, Joachim, Die Demokratiekompetenz der Bürger. Herausforderung für die politische Bildung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 50 (25/2000), 11-20. ENGELS, Friedrich / MARX, Karl, Manifest der Kommunistischen Partei, 1848, http://www.mlwerke.de/me/me04/me04_459.htm (13.09.2006). EUCKEN, Walter, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 2. Auflage, Tübingen – Zürich 1955. GRAY, John, Freiheit im Denken Hayeks (Wirtschaftswissenschaftliche und wirtschafts-rechtliche Untersuchungen 30), Tübingen 1995. HABERMANN, Gerd, Ordnungsdenken – eine geistesgeschichtliche Skizze, in: ORDO – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft 53 (2002), 169-187. HAYEK, Friedrich A. von, The Road to Serfdom, Neuauflage 1972. HAYEK, Friedrich A. von, Die Verfassung der Freiheit, 2. durchges. Auflage, Tübingen 1983. KRÄMER, G. / Dritte Welt Haus Bielefeld, Entwicklungsland Deutschland, Wuppertal 1997. KOSLOWSKI, Peter, Wirtschaftsethik, in: PIEPER, Annemarie / THURNHERR, Urs (Hgg.), Angewandte Ethik, München 1998. LENEL, Hans O., Walter Euckens »Grundlagen der Nationalökonomie«, in: ORDO – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft 40 (1989), 3-20. MISES, Ludwig von, Art. Liberalismus, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften 6, Stuttgart – Tübingen – Göttingen 1959, 596-603. MÜLLER, Johannes / WALLACHER, Johannes, Entwicklungsgerechte Weltwirtschaft. Perspektiven für eine sozial- und umweltverträgliche Globalisierung, Stuttgart 2005. RADERMACHER, Franz-Josef, Der Wirtschaftsstandort Deutschland: Herausforderung für Menschen, Unternehmen und die Politik, 2005, RÖPKE, Wilhelm, Civitas Humana. Grundfragen der Gesellschafts- und Wirtschaftsreform, Bern – Stuttgart 41979. RÖPKE, Wilhelm, Jenseits von Angebot und Nachfrage, Bern – Stuttgart 51979. RÜSTOW, Alexander, Wirtschaft als Dienerin der Menschlichkeit, in: Arbeitsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, Was wichtiger ist als Wirtschaft, Ludwigsburg 1960, 7-16. RÜSTOW, Alexander, Paläoliberalismus, Kommunismus und Neoliberalismus, in: GREISS, Franz / MEYER, Fritz W. (Hrsg.), Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, Festschrift für Alfred Müller-Armack, Berlin 1961, 61-70. SINGER, Peter, Praktische Ethik, 2. revidierte und erweiterte Auflage, Stuttgart 2004. ULRICH, Peter, Integrative Wirtschaftsethik. Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie, 2. durchgesehene Auflage, Bern – Stuttgart – Wien 1998. VANBERG, Viktor, Friedrich A. Hayek und die Freiburger Schule, in: ORDO – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft 54 (2003), 3-20. WÖLDECKE, Klaus, Lebensmitteleinzelhandel. Nur die Größten überleben den Preiskampf, in: HEUSINGER, Eva u.a. (Hgg.), Einkaufen verändert die Welt. Die Auswirkungen unserer Ernährung auf Umwelt und Entwicklung, Frankfurt 1999, 79-92.
Fußnoten Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 100. Nach ihrer Wirkung auf den Markt unterschied Adam Smith zwischen marktkonformen und marktinkon-formen Interventionen, d.h. solche die den Marktmechanismus ganz oder teilweise ausschalten. Zu den marktkonformen Eingriffen gehören nach Smith Subventionen und Steuererhöhungen oder –senkungen, insbesondere bei der Mehrwertsteuer, da bei einem solchen Eingriff das Angebot-Nachfrage-Verhältnis weiterhin den Preis bestimmen kann. Mindest-, Höchst- oder Festpreise für Waren oder den Faktor Arbeit sind jedoch marktinkonform, setzen also den Preismechanismus außer Kraft und bedürfen meist noch weiter reichender Folgeinterventionen. (Vgl. Wagner, Rolf, Arbeitsblätter zum Leitfaden VWL: Marktinterventionen; http://www.wagner-berlin.de/pdf/am8.pdf, 14.9.06) Vgl. Rüstow, Paläoliberalismus, Kommunismus und Neoliberalismus, 68. Vgl. Wöldecke, Lebensmitteleinzelhandel, 87. (Der Anteil von über 30 Prozent ist auf das Jahr 1999 datiert. Mittlerweile müsste der Anteil der Discounter am Lebensmitteleinzelhandel schon bei 40-50% liegen.) Die verbreitete Meinung ist, dass alle die Gesundheit gefährdenden Stoffe in normalen Lebensmitteln verboten sind. Das ist ganz und gar nicht der Fall. Z.B. werden die meisten abgepackten Wurst- und Käsewaren mit Nitraten (Nitritpökelsalz) länger haltbar gemacht. Nitrate sind in mittleren Mengen, die bei täglichem Wurstkonsum jedoch leicht erreicht werden können, nachweislich krebserregend. Ebd., 330. Der UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler fasst diese Problematik etwas überspitzt auf der Abschlusskundgebung der Friedensbewegung in Berlin am 21. Mai 2002 zusammen: „Die Weltlandwirtschaft könnte heute ohne Probleme 12 Milliarden Menschen ernähren. […] Wer heute am Hunger stirbt, wird ermordet.“ Peter Singer plädiert hingegen juristisch korrekter auf fahrlässige Tötung.
|
LAST_UPDATED2 |