Ethik der Ungewissheit - Prinzipien des Umgangs mit Gefahren jenseits ökonomischer Risikokalküle und Versicherbarkeit Drucken E-Mail
Mittwoch, 03. Dezember 2008 um 16:11

 

1. Problemstellung und Vorgehensweise

 Ungewisse Folgen bestimmen viele aktuelle politisch-gesellschaftliche Diskussionen. Die Nutzung von Kernenergie, die als Güter Energiesicherheit, billige Strompreise und damit auch eine höhere Wirtschaftsleistung verspricht, ist deshalb so umstritten, weil die Höhe des Unfallrisikos äußerst ungewiss ist, vor allem deshalb, weil neben technischem Versagen auch menschliches Versagen und böswillige Absichten (Terrorismus) mit einbezogen werden müssen. Ähnlich kontrovers wird auch die Frage des kommerziellen Anbaus von gentechnisch verändertem Saatgut (grüner Gentechnik) diskutiert.
Selten besitzen anstehende Entscheidungen den Grad der Einfachheit, dass die Folge der einen Alternative eindeutig ein Gut, die Folge der anderen hingegen ein Übel ist. Die meisten Entscheidungen müssen durch eine Abwägung getroffen werden, da beide Alternativen sowohl Güter als auch Übel als Folgen mit sich bringen. Einer rein utilitaristischen Abwägungsethik, nach welcher Übel und Güter immer miteinander verrechenbar sind, stehen diverse ethische Rigorismen entgegen, welche bestimmte Übel postulieren, die von keinem Gut aufgewogen werden können; das Konzept der menschlichen Würde ist ein solcher ethischer Rigorismus, nach dem beispielsweise Folter nicht einmal durch die dadurch ermöglichte Errettung vieler Personen gerechtfertigt werden kann.  Ein entscheidendes Problem des Utilitarismus, welches ihm immer wieder vorgeworfen wird, ist die Unsicherheit der Folgen. Wird ein Flugzeug, das als entführt gilt und Kurs auf ein Hochhaus nimmt, vom Militär abgeschossen, dann werden Menschen mit dem Argument geopfert, dass bei einer Unterlassung des Abschusses mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit eine weitaus höhere Zahl an Personen umkommen würde.
Wie hoch muss die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung von Menschen (wozu auch die Einschränkung grundlegender Rechte gehört) als unbeabsichtigte Nebenfolge einer Handlung sein, so dass die Handlung nicht ausgeführt werden darf? Wie muss die Entscheidungsfindung verlaufen, wenn die Wahrscheinlichkeit einer schlimmen Folge schlichtweg ungewiss ist? Mit dieser Fragestellung wird sich diese Arbeit beschäftigen.
 Im 2. Kapitel werden einige ökonomische Methoden zur Entscheidungsfindung durch Abwägung von Nutzen aufgezeigt und daraufhin Grenzen dieser Methoden dargestellt. Im anschließenden Kapitel soll beschrieben werden, wie das Risikokalkül unter der Einbeziehung von Möglichkeiten, Ungewissheiten und nicht kompensierbaren Folgen versagt. Nachdem der objektive Risikobegriff, der von technischen Wahrscheinlichkeiten geprägt ist, aufgegeben wird, beschäftigt sich das 4. Kapitel mit der Inszenierung des Risikos und mit erkenntnistheoretischen Gedanken über einen konstruktivistischen Risikobegriff; außerdem wird das Scheitern des Versicherungsprinzips als Beleg dafür angeführt, dass immer mehr Entscheidungssituationen eine große Ungewissheit bezüglich der Folgen aufweisen. Im letzten Kapitel sollen Prinzipien des Umgangs mit Großgefahren, deren Risiko durch eine starke Ungewissheit geprägt ist, aufgezeigt werden und diese auf die Beispiele Gentechnik und Atomenergie angewandt werden.

 

2. Das ökonomische Modell der Nutzenmaximierung

2.1 Güter und Nutzen

Güter wie Energiesicherheit, Wirtschaftsleistung, Freiheitsrechte, Demokratie sind deswegen Güter, weil sie Menschen einen Nutzen bringen. Nutzen ist subjektiv und eigentlich nicht messbar. Versuche wie die ökonomische Glücksforschung  haben einerseits das Problem, dass sie auf Umfragen und damit auf die Wahrhaftigkeit der Befragten angewiesen sind, andererseits wird oftmals der Unterschied zwischen momentanem Glücksempfinden und langfristigem Nutzen nur unzureichend berücksichtigt. Nutzen besteht aus weitaus mehr als reinem Glücksempfinden; selbst wenn es eine Droge gäbe, die ohne Nebenwirkungen ein andauerndes Glücksgefühl verursachen würde, lehnten die meisten Menschen diese Droge ab, da eine Dauerekstase nicht ihrer Vorstellung eines gelungenen Lebens entsprechen würde. Da die Verwirklichung des eigenen Lebens nicht nur von äußeren Dingen abhängt, könnte man Nutzen bezeichnen als Güter, die für den Einzelnen die Voraussetzung dafür und die Unterstützung darin darstellen, ein gelungenes Leben zu führen und sich selbst zu verwirklichen. Nach der Bedürfnispyramide der Motivationspsychologie Abraham Maslows sind diese Voraussetzungen in mehrere Stufen eingeteilt: Grund- oder Existenzbedürfnisse, Sicherheit, Sozialbedürfnis, Anerkennung und Wertschätzung. Die Bedürfnisse einer bestimmten Stufe müssen befriedigt sein, um die Bedürfnisse der nächst höheren bestreiten zu können; die Selbstverwirklichung ist die höchste Stufe von Maslows Motivationspyramide.  Nun ist Geld in unserer Gesellschaft absolut notwendig um die Bedürfnisse der ersten zwei Stufen, bedingt notwendig um die der übrigen Stufen erfüllen zu können. Ein gewisses Maß an Wohlstand ist also für das Erreichen guter Bedingungen zur Selbstverwirklichung unentbehrlich: Zumindest existentielle und soziale Bedürfnisse müssen gedeckt sein.
 Nun vergleicht man bei jeder anstehenden Entscheidung – bewusst oder unbewusst – die Größe des Nutzens der einzelnen Alternativen miteinander und wählt daraufhin die Handlung, die einem nach der eigenen subjektiven Einschätzung den größten Nutzen bringt bzw. bringen kann. Da in Institutionen oft eine kleine Zahl von Menschen Entscheidungen für viele treffen müssen, ist eine solch subjektive Abwägung seitens der Entscheidungsträger äußerst problematisch, da sie damit den Anspruch erheben, was nützlich für sie ist, sei auch nützlich für alle anderen. Um dieses Verantwortungsdilemma zu überwinden, muss man einen Weg finden, Nutzen intersubjektiv zu messen, zu quantifizieren und zu vergleichen.

2.2 Quantifizierung von Nutzen

Jeremy Bentham ging davon aus, Nutzen sei eine empirisch messbare psychologische Größe und setzte diesen Nutzen mit dem persönlichen Glück(-sgefühl) gleich. Als Kriterien der Messung führte er ein: 1) die Intensität, 2) die Dauer, 3) die Gewissheit oder Ungewissheit, 4) die Nähe oder Ferne, 5) die Folgenträchtigkeit, 6) die Reinheit und 7) das Ausmaß der Freude.  Anhand dieser Kriterien kann man für jede Entscheidungssituation ein Glückskalkül erstellen, in dem man die Handlungsalternative mit dem größten Nutzen errechnen kann. Dieses Glückskalkül, oftmals auch als hedonistisches Kalkül bezeichnen, ist die Grundlage einer utilitaristischen Ethik mit dem Leitsatz „Das größte Glück der größten Zahl“. Problematisch dabei ist einerseits die Gewichtung der einzelnen Kriterien, andererseits die Voraussetzung, jede Entscheidungssituation sei entweder eine Entscheidung unter Sicherheit oder eine reine Risikosituation.
 Schließt man das 7. Kriterium (das Ausmaß der Freude d.h. die Anzahl der betroffenen Personen) aus, bietet das Glückskalkül die Grundlage für die Berechenbarkeit egoistischer Entscheidungen; ganz entsprechend der anthropologischen Prämisse der Volkswirtschafts-lehre, jeder Mensch entscheide rational immer mit dem Ziel, den eigenen Nutzen zu maximieren. Dieses egoistische Konzept des homo oeconomicus schließt jedoch altruistische Entscheidungen nicht aus, denn der eigene Nutzen kann auch darin bestehen, dass man anderen Personen Freude bringt.
 Inwieweit ist es möglich, Geld als mögliche Nutzeneinheit zu verwenden? Voraussetzung dafür ist, dass man sich mit Geld jeden möglichen Nutzen kaufen kann. Diese Auffassung, die umgangssprachlich als materialistisch bezeichnet wird, trifft auf die meisten Lebensbereiche zu. Ein nicht durch Geld erreichbarer Nutzen – wie beispielsweise gute Freunde zu haben – setzt zumindest eine bestimmte Lebenssituation voraus, die durch Geld zu erreichen ist. Entsprechend den Gedanken zum gelungenen Leben im ersten Kapitel könnte man die These aufstellen: Geld ist eine Quantifizierung des Nutzens für eine Person, insofern die Person die sich durch die vorhandene Geldmenge ergebenden Möglichkeiten voll und ganz ausnutzt.

2.2 Die ökonomische Methode

Im Hinblick auf eine mögliche Privatisierung von Trinkwasser meint Peter Brabeck, Chef des weltgrößten Lebensmittelproduzenten Nestlé: „Ich persönlich glaube, es ist besser, man gibt einem Lebensmittel einen Wert, so dass wir alle bewusst sind, dass das etwas kostet“ . Was Brabeck damit wahrscheinlich sagen möchte, ist, dass alles, was einen Wert (und damit einen Nutzen) hat, auch einen Preis haben sollte. Eine Voraussetzung eines ökonomischen Nutzenkalküls, das mit Geld als quantifiziertem Nutzen arbeitet, ist die Möglichkeit, jedem Gut (welches Nutzen bringt bzw. bei optimaler Ausnutzung bringen kann) einen Preis zuzuschreiben. Dies ist in viel größerem Maße möglich als man es intuitiv annehmen würde.
Dass ein Gut Nutzen bringt bedeutet im hedonistischen Sinne, dass es positive Empfindungen hervorruft. Um den Preis des Gutes zu bestimmen, muss man folglich den Preis für die durch das Gut gewonnenen Empfindungen kennen. Empfindungen kann man mit einer bestimmten Methode einen Preis zuschreiben. Diese Methode soll an einem Beispiel beschrieben werden: Eine Familie wohnt in einem Haus mit Ausblick auf ein wunderschönes Tal. Nun sollen in diesem Tal Windräder gebaut werden, welche den schönen Blick auf die unberührte Natur zerstören. Den Wert dieser Aussicht, der als externer Kostenfaktor in die Entscheidungsfindung für den Bau der Anlagen mit einfliesen müsste, kann man folgendermaßen herausfinden: Man fragt die Familie, wie viel Geld man ihr monatlich überweisen müsste, damit sie, wenn sie über den Bau selbst entscheiden könnte, diesem freiwillig zustimmen würde. Dieser Betrag wäre der Preis für den schönen Ausblick. Natürlich variiert dieser Preis von Mensch zu Mensch, denn Nutzen ist immer subjektiv -  manchen Menschen ist ein schöner Ausblick nichts wert, da sie meinen, ihre Erfüllung allein in Computerspielen zu finden. Trotzdem ist es möglich, durch viele Umfragen einen statistischen Durchschnittspreis für ein bestimmtes Gut zu ermitteln.

2.3 Grenzen dieser Methode

Wirtschaftswissenschaftlern wird häufig eine materialistische Reduktion der Entscheidungsfindung auf die Abwägung von Preisen vorgeworfen, die durch die oben beschriebene Methode entworfen werden. Im Folgenden sollen die Grenzen der ökonomischen Methode der Preiszuweisungen an Güter erörtert werden.
 1. Auch wenn Geld eine gute oder sogar die beste Methode der Quantifizierung von Nutzen ist, bleibt die Verschiedenheit von Geld und Nutzen bestehen. Geld als Nutzeneinheit versagt vollständig einerseits bei Reichen, wenn der Grenznutzen des Geldes erreicht ist (d.h. wenn durch zusätzliches Geld kein Nutzengewinn mehr erfolgen kann und damit nur noch der nicht-materielle Nutzen eine Rolle spielt), andererseits in Situationen, in denen für das Wohlbefinden dringend notwendige Güter (bzw. als notwendig erachtete Güter – dies kann neben sauberer Luft auch die kürzlich verstorbene Ehefrau sein) schlichtweg nicht mehr verfügbar sind, man sie also für kein Geld der Welt kaufen kann.
 2. Ihre existentiellen Grundbedürfnisse, ein minimales Sicherheitsgefühl und bestimmte Grundrechte würden die meisten Menschen nie gegen Geld eintauschen, ebenso ihr eigenes Leben. Manche haben auch ethische Ideale oder einen religiösen Glauben, den sie für kein Geld der Welt aufgeben würden. Zwar gibt es auch hier Ausnahmen , doch in der Regel müsste man diesen Bedürfnissen und Rechten einen unendlich hohen Preis zuschreiben.
 3. Die Methode der Preisgebung durch Befragung versagt, wenn die von der anstehenden Entscheidung Betroffenen nicht befragbar sind. Beispielsweise können ungeborene und sehr junge Kinder sich selbst keinen Wert zuschreiben; auf eine ähnliche Situation treffen wir bei stark behinderten, dementen und dauerhaft komatösen Menschen.
 4. Geht man davon aus, dass außer dem Menschen auch andere Lebewesen oder zumindest ganze Spezies inhärente Werte besitzen, lassen sich diesen ebenso wenig Preise zuschreiben. In der anthropozentrischen Ökonomie wird der Preis von anderen Lebewesen meist auf den ästhetischen oder ökologischen Nutzen für den Menschen reduziert.
 5. Bei Befragungen wird immer die Ehrlichkeit der Befragten vorausgesetzt. Oft wird jedoch, vor allem wenn die Möglichkeit besteht, dass die ausgesprochenen Preise tatsächlich als Entschädigungsleistung ausbezahlt werden, ein zu hoher Preis genannt.
 6. Der Mensch ist in den meisten seiner Entscheidungen kein homo oeconomicus. Viele Entscheidungen trifft er „aus dem Bauch heraus“ oder ganz irrational.
7. Meistens sind die Folgen einer Handlung bzw. ihrer Unterlassung nicht mit Sicherheit gegeben. Wahrscheinlichkeiten müssen mit einberechnet werden. Inwiefern dies möglich ist, soll im Folgenden erörtert werden.

2.4 Die Einbeziehung der Möglichkeit

Eine Entscheidung besitzt normalerweise keinen inhärenten Nutzen (die wenigsten Menschen empfinden Freude aufgrund der Tätigkeit des Entscheidens), der Nutzen tritt als mögliche Folge der Entscheidung auf. Eine ideale Abwägung ist im Rahmen der Entscheidungstheorie eine Entscheidung unter Sicherheit, welche dann der Fall ist, wenn der als Folge der Entscheidung eintretende Umweltzustand dem Entscheidungsträger mit Sicherheit bekannt ist. Ein bestimmtes Ereignis als eine mögliche Folge einer Entscheidung zu bezeichnen setzt hingegen eine Entscheidung unter Unsicherheit voraus. Ist die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der möglichen Folge mit Sicherheit bestimmbar, bezeichnet man die Situation als reine Risikosituation; ist hingegen die Wahrscheinlichkeit der möglichen Folge absolut unbestimmbar, spricht man von einer Situation der Ungewissheit . Alle möglichen Abwägungen von Folgen lassen sich in ein „Kontinuum zwischen Risiko- und Ungewissheitssituation“  einordnen.
 Mögliche Folgen sind als Nutzensteigerung bzw. Nutzenverminderung nur in reinen Risikosituationen quantifizierbar. Auch ein möglicher Nutzen bzw. die Annahme eines möglichen Nutzens in der Zukunft bringt einen Nutzen im Jetzt, jedoch nimmt seine Stärke mit größer werdendem zeitlichem Abstand und mit geringer werdender Wahrscheinlichkeit ab. Dies erkannte auch Jeremy Bentham im 2. und 3. Kriterium seines Glückskalküls (vgl. Kapitel 2.1).  Den Zusammenhang von aktuellem Nutzen n, Intensität des möglichen Nutzens i (in Geldeinheiten), zeitlichem Abstand z und die objektive Wahrscheinlichkeit des Eintritts w würde ich folgendermaßen formalisieren (vgl. Anhang):
 
Da jedoch die Wahrscheinlichkeiten von möglichen Folgen nur in abstrahierten Modellen mit absoluter Sicherheit ausgesagt werden können, muss die nicht mehr zugängliche objektive Eintrittswahrscheinlichkeit (A-Priori-Wahrscheinlichkeit) durch einen anderen Faktor ersetzt werden. Für Ungewissheitssituationen ist es sinnvoll, die nicht mehr zugängliche Risikorealität durch die Risikowahrnehmung zu ersetzen, da diese Wahrnehmung nun weiterhin die Entscheidungen bestimmt, auch wenn sie nicht mehr auf einer statistisch in Erfahrung gebrachten Risikorealität basiert.
 Wichtig ist die Frage, ob die A-Priori-Wahrscheinlichkeit im Bereich möglicher Erkenntnis liegt, ob vielleicht nur Näherungen möglich sind oder ob sie sich empirischer Erkenntnismethoden komplett entzieht bzw. überhaupt nicht existiert. Wäre letzteres der Fall, gäbe es letztlich nur Ungewissheitssituationen. Ulrich Beck betont, Risiken hätten „keine abstrakte Existenz für sich selbst. Sie werden [erst] in der widersprüchlichen Beurteilung einzelner Gruppen und Bevölkerungen real.“  Tatsächlich ist die Erwartungshaltung der Menschen und damit ihre Risikowahrnehmung von Werbung, Meinungsbildern, Umfragen, persönlicher Erfahrung und der meist kulturell geformten Intuition geprägt. Jedoch spielt beim Zustandekommen einer Risikowahrnehmung auch das technische Risiko eine Rolle; diese „statistisch-mathematisch[e] Identifikation der Risiken“  kommt durch das „Aufstellen und Überprüfen von Kausalhypothesen, den daraus ableitbaren Prognosemodellen für bestimmte Risiken sowie Wahrnehmungen und Antworten verschiedener Gruppen zu typischen Variationen der Risikowahrnehmung“  zustande. Wissenschaftliche Prognosen abstrahieren also aus einer Risiko-Ungewissheitssituation bestimmte reine Risikoelemente und können damit Wahrscheinlichkeiten für diese abstrahierten Situationen angeben, die dann von den Menschen als Expertenmeinung angenommen werden und ihre Risikowahrnehmung beeinflussen. Wissenschaftliche Prognosen sind jedoch nicht einmal Näherungen für A-Priori-Wahrscheinlichkeiten, da durch den notwendigen Vorgang der Abstraktion immer auch Faktoren außer Acht gelassen werden; jeder ausgeschlossene Faktor kann eine Prognose zu Fall bringen, wenn sich herausstellt, dass dieser eine hohe Relevanz besitzt.
 Ich möchte hier Becks Risikodefinition übernehmen, und zwar die Definition von Risiko als inszenierte Antizipation von Katastrophen.  Das rationale Modell der berechenbaren Eintrittswahrscheinlichkeit wird dabei aus eben genannten Gründen komplett aufgegeben; die Stärke der Vorahnung hängt nunmehr von der öffentlichen Meinung und von den Medien, aber auch von kulturellen Begebenheiten und persönlichen sowie kollektiven Erfahrungen  ab. Das Risiko ist nicht ‚schon vorhanden’ sondern ‚wird inszeniert’. Becks Inszenierungsthese soll vor allem für komplexe Zusammenhänge gelten: Je globaler das Problem, desto mehr verschwimmen Risiko und kulturelle Wahrnehmung des Risikos . Das inszenierte Risiko gilt es nun in ein Nutzenkalkül zu integrieren.
2.5 Die Integration von Risiken in ein Nutzenkalkül
 Das Risiko einer möglicherweise eintretenden Katastrophe ist in ein Nutzenkalkül integrierbar, indem man bestimmt, inwieweit das subjektive Sicherheitsgefühl bei einer Risikoaussetzung abnimmt. Das Sicherheitsgefühl unterliegt wiederum, solange es ein Existenzminimum nicht unterschreitet, der ökonomischen Methode der Preisgebung und ist damit bedingt quantifizierbar.
 Beispiel: Wird in meiner Nähe ein Kernkraftwerk gebaut und in Betrieb genommen, sinkt mein Sicherheitsgefühl – unabhängig von der Risikorealität, sondern bestimmt durch meine Risikowahrnehmung. Da die subjektive Risikowahrnehmung mehr von der Größe des Schadens als von seiner technischen Wahrscheinlichkeit abhängt , ist im Fall der Kernkraft die Risikowahrnehmung sehr hoch und von Expertenmeinungen nicht so sehr beeinflusst. Nun werde ich vor der Inbetriebnahme gefragt, wie viel Geld ich für meine Zustimmung zum Betrieb des Kraftwerks und für die Garantie meinen Wohnort nicht zu wechseln verlangen würde. Dieser Betrag ist der Preis der verlorenen Sicherheit und damit auch eine Quantifizierung meiner Risikowahrnehmung. Mit dieser Methode wird Sicherheit „wie Wasser und Strom zu einem (…) Verbrauchsgut.“  Die Vorteile, die eine bestimmte Technologie kurzfristig und damit mit ziemlicher Sicherheit mit sich bringt, lassen sich nun mit ebenso kurzfristigen und sicheren Nachteilen verrechnen, und zwar mit dem Preis des Verlustes an Sicherheitsempfinden der Menschen. Verglichen werden kann nun der Nutzen der Anwendung der Technologie mit dem Nutzen des Verzichts auf die Technologie, welcher im nicht erfolgten Verlust an Sicherheitsempfinden besteht. Dieses Risikokalkül zeichnet aus, dass es teilweise auch in Situationen der Ungewissheit anwendbar ist.

 

3. Das Versagen des Risikokalküls

 Wie auch ein einfaches Nutzenkalkül bei vielen Situationen an seine Grenzen stößt, versagt ein Risikokalkül vor allem bei Situationen großer Ungewissheit und mit hohem möglichem Schaden. Gründe und Beispiele für dieses Versagen sollen in diesem Kapitel aufgezeigt werden.

3.1 Inkommensurabilität existentieller und konventioneller Risiken

Im letzten Kapitel wurde erwähnt, dass es Güter gibt, denen kein bzw. nur ein unendlich hoher Preis zugeschrieben werden kann, da die meisten Personen sie gegen kein Geld der Welt eintauschen würden. Zu diesen Gütern gehören die körperliche Unversehrtheit, Meinungs- und Religionsfreiheit und eine als würdig erachtete Behandlung. Hier versagt das ökonomische Modell der Preisgebung; ein unendlich hoher Preis eines Gutes würde selbst bei einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit des Verlustes den Nutzen bei Nicht-Verlust und damit das Risiko unendlich hoch machen. Dies widerspricht aber der gelebten Praxis: Bei der Teilnahme am Autoverkehr und bei vielen anderen Anlässen setzt man sich einem Unfall- und Todesrisiko aus – wenn das eigene Leben einen unendlich hohen Wert hat, dürfte man selbst bei sehr geringem Risiko im Normalfall nicht am Straßenverkehr teilnehmen, da jeder dadurch gebrachte nicht-existentielle Nutzen nur einem endlich hohen Preis entspricht. Wenn man die Entscheidung für die Teilnahme am Straßenverkehr und am gesamten öffentlichen Leben nicht als irrational abstempeln möchte, muss man zugeben, dass selbst existentielle Risiken in ein subjektives Kalkül mit einbezogen werden. Da solchen Risiken in einem ökonomischen Modell wegen des Versagens der beschriebenen Methode kein Preis zuerkannt werden kann, sind sie zu konventionellen Risiken inkommensurabel.

3.2 Versagen des Prinzips der Kompensierbarkeit

Jede Versicherung basiert auf dem Prinzip der Kompensierbarkeit. Mein Auto versichere ich, damit ich nach einem Unfall in etwa so viel Geld bekomme, dass ich mir damit ein identisches bzw. zumindest sehr ähnliches Gefährt erwerben kann. Jedoch versagt die Kompensierbarkeit bei vielen nicht ersetzbaren Gütern: Menschen, Erlebnissen, Gesundheit, Jungsein, künstlerischen Einzelstücken, Gegenständen mit biographisch ideellem Wert usw. In manchen Fällen kann zwar ein anderes Gut einen entsprechend hohen Nutzen wie das verlorene nicht-ersetzbare Gut erbringen, oft ist dies aber nicht möglich; man denke an einen verstorbenen besten Freund oder Ehepartner. Allen diesen nicht-versicherbaren Gütern, deren Nutzengewinn nicht durch andere Güter erzielt werden kann, müsste entsprechend den Risiken in 3.1 ein unendlich hoher Preis zuerkannt werden.

3.3 Menschliche Würde

Obwohl es zur gängigen Praxis der Makroökonomie gehört, widerspricht der Zuweisung eines Preises an Menschen die Auffassung, jeder Mensch besäße eine unantastbare Würde. Unantastbar bedeutet unter anderem „nicht verrechenbar“. Hält man an einer solchen Ethik fest, darf man Menschenleben nicht gegeneinander aufrechnen, genauso wenig darf man Menschenleben in ein Nutzenkalkül anderer Menschen integrieren. Eine mögliche Begründung dafür ist die Menschheitsformel des Kategorischen Imperativs Kants: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst“ . Die Einbeziehung eines Menschenlebens in ein Kalkül reduziert einen Menschen auf ein Mittel, den Nutzen anderer Menschen oder sogar der Menschheit zu erhöhen. Basiert die ökonomische Abwägung, wie dies normalerweise der Fall ist, auf eine utilitaristische Ethik, ist sie wie diese eine Opfertheorie, d.h. es darf ein Menschenleben geopfert werden, wenn damit eine größere Zahl gerettet werden kann.
Jedoch ist es möglich, in das Modell der ökonomischen Abwägung den ethischen Rigorismus der menschlichen Würde zu integrieren: Bei jeder Entscheidung muss diejenige Alternative gewählt werden, die den größten Durchschnittsnutzengewinn erzielt, ohne dabei nur eine Person schlechter zu stellen. Das Ziel ist ein pareto-optimaler Zustand, bei dem es nicht mehr möglich ist, eine Person besser zu stellen, ohne dass bei dieser Maßnahme jemand anderes zu Schaden kommt. Auch wenn dieses Modell, das auf Vilfredo Pareto zurückgeht, bei der Frage aktiver Würdeverletzungen in einem Rechtsstaat meistens angewandt wird (es ist nicht erlaubt, einen Reichen zu entführen um mit dem Lösegeld viele Arme besser zu stellen), entzieht es sich jedoch jeder praktischen Umsetzbarkeit, bezieht man auch passive mögliche Würdeverletzungen mit ein, wie beispielsweise die Inkaufnahme von existentiellen Risiken.

3.4 Unterscheidung zwischen Entscheidendem und Betroffenem

Eine Frage der Würde ist außerdem das Selbstbestimmungsrecht in Hinblick darauf, welche Risiken man gewillt ist einzugehen. „Traditionelle Risikooptimierung macht keinen Unterschied zwischen der entscheidenden Person und den von dieser Entscheidung Betroffenen.“  Tatsächlich macht es einen großen Unterschied, ob ich mir ein bestimmtes Risiko auferlege, weil der hervorgebrachte Nutzen für mich stärker ins Gewicht fällt, oder ob die Entscheidung von anderen für mich getroffen wird. Raucher entscheiden sich für das Rauchen, weil der momentane Nutzen, der im Glücksgefühl, in der Gemeinschaft und in dem Nichtkonfrontiertwerden mit Entzugserscheinungen besteht, ihrer Abwägung zufolge höher ist als der mögliche Nutzen, der ihnen durch einen möglichen vorzeitigen Tod entgehen könnte. Passivraucher hingegen sind von der Entscheidung des Rauchers betroffen ohne der Aussetzung des Risikos zugestimmt zu haben.
Risiken sind also dann in ethischer Hinsicht problematisch, wenn sie ohne die Zustimmung der Betroffenen auferlegt werden; sie sind – rationale Entscheidungsträger vorausgesetzt – ethisch nicht relevant, wenn alle Betroffenen zustimmen. Dieser Unterschied wird in ökonomischen Risikokalkülen nur dann berücksichtigt, wenn die Risikoaussetzung durch Geld kompensierbar ist.

3.5 Fehlende Einbeziehung von Böswilligkeit

Solange Risiken mit technischen Risiken deckungsgleich sind, ist die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls unter der Annahme eines geschlossenen Systems bedingt errechenbar. Je offener ein System jedoch ist, desto ungewisser kann man solch eine Wahrscheinlichkeit bestimmen. Die größte Ungewissheit besteht darin, dass Menschen in ein System eingreifen können; menschliche Entscheidungen sind nicht vorhersehbar und nur sehr beschränkt statistisch erfassbar. Während das Risiko von Unfällen aufgrund von Unachtsamkeit noch statistisch beschrieben und damit eine Unfallwahrscheinlichkeit angegeben werden kann, entzieht sich die Wahrscheinlichkeit von böswillig beabsichtigten Unfällen jeder Statistik. Terrorrisiken entziehen sich dem Risikokalkül. Deshalb war es vor dem 11. September 2001 für die CIA und die damalige Regierung der USA so schwierig, die durchaus vorhandenen Terrorwarnungen zu bewerten. Im Nachhinein wurde ihnen mit Berufung eines Untersuchungsausschusses vorgeworfen, sie hätten diese Warnungen nicht ernst genommen; doch Maßnahmen aus Warnungen mit hoher Ungewissheit abzuleiten ist eine Aufgabe, bei denen ökonomische Risikokalküle versagen.

3.6 Großgefahren

In komplexen Systemen versagt die eindeutige Zuschreibung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen. Mit einer statistischen Methode werden Risiken „ent-individualisiert“  und damit das Verursacherprinzip zugunsten eines auf das Risikokalkül basierenden Versicherungsprinzips aufgegeben (siehe dazu 4.3). Ulrich Beck beschreibt, warum Großgefahren wie Terrorismus, Atomenergie, Gentechnik oder der Klimawandel sich dem ökonomischen Risikokalkül entziehen:

„Großgefahren heben die drei tragenden Säulen des Risikokalküls auf. Mit ihnen sind erstens nicht-eingrenzbare, globale, oft irreparable Schädigungen verbunden: Der Gedanke der (geldlichen) Kompensation versagt. Zweitens ist die vorsorgende Nachsorge für den schlimmstdenkbaren Unfall ausgeschlossen: (…) Drittens ist der »Unfall« raum-zeitlich unbegrenzt (…).“ 

Aufgrund dieses Unvermögens tritt ein Marktversagen auf. Dies soll am Beispiel des Klimawandels veranschaulicht werden: Das Risiko, das ein hoher CO2-Ausstoß mit sich bringt, wird aus ökonomische Abwägungen ausgeklammert. Der Grund dafür ist, dass die Folgen ungewiss und irreparabel sind. Zwar versagt der Gedanke der geldlichen Kompensation zumindest für unsere Region nicht vollständig (hier werden die Kosten auch zunehmend internalisiert), aber da der »Unfall« Klimawandel raum-zeitlich unbegrenzt ist, werden zahlreiche Regionen betroffen sein, die erstens kaum für den Klimawandel verantwortlich sind und zweitens keinen rechtlichen Anspruch auf Kompensation für die Schäden besitzen.
Das Problem hierbei ist, dass die Atmosphäre ein Allmendegut ist. Die individuelle und die kollektive Rationalität klaffen bei der Nutzung von solchen Gemeinschaftsgütern auseinander, da die Haftung für Schäden nicht allein dem Verursacher sondern dem Kollektiv unterliegt. Ein staatlicher (bzw. globalstaatlicher) Eingriff zur Behebung des Marktversagens scheitert einerseits an der überwiegenden individuellen Rationalität der Einzelstaaten, andererseits an der problematischen Wertzuweisung: Aufgrund der großen Ungewissheit bei Zukunftsprognosen über Klima, Wirtschaft und technischen Fortschritt ist es nicht möglich, die »echten« zukünftigen Kosten des Klimawandels in ein Risikokalkül zu integrieren.

 

4. Die Inszenierung des Risikos in einer Weltrisikogesellschaft

4.1 Der Übergang vom technischen zum inszenierten Risiko

Der Übergang der Risikogesellschaft zur Weltrisikogesellschaft ist nach Beck durch die Abnahme des technischen Risikoaspektes und durch die zunehmende Inszenierung des Risikos geprägt. Die Gaußsche Verteilung der »weichen« Zufälligkeit muss einer nicht-linearen Verteilung weichen; durch menschliches Handeln und zunehmend auch durch die Untersuchung natürlicher Vorgänge ergeben sich »wilde« Variablen. Die Ausnahmen haben nun höchste Relevanz, das Augenmerk muss auf den „gelegentlichen und unvorhersagbaren großen Abweichungen“  liegen; statistische Methoden werden unbrauchbar.
 Da die technische Risikowissenschaft, die „auf der klaren Trennung von Risiko und Wahrnehmung“  beruht, bei zunehmender Komplexität der Systeme wie beschrieben immer stärker versagt, muss gegen das Rationalitätsmodell Max Webers ein Prinzip der „Nicht-Rationalisierbarkeit der Risikoungewissheit“ aufgestellt werden. Dem verbleibenden subjektiven Aspekt wird nun viel stärkeres Gewicht zugeschrieben. Je globaler das Problem und je weniger berechenbar die Gefahr, desto mehr verschwimmt die „Unterscheidung zwischen Risiko und kultureller Wahrnehmung des Risikos“ . Becks Inszenierungsthese geht so weit zu sagen, Risiken hätten keine von der subjektiven Wahrnehmung unabhängige Realität: „Die Objektivität eines Risikos ist Produkt seiner Wahrnehmung und seiner (eben auch sachlichen) Inszenierung.“  Risiken seien „soziale Konstruktionen und Definitionen auf dem Hintergrund entsprechender Definitionsverhältnisse“

4.2 Der konstruktivistische Realismus des Risikos

Für Metaphysiker und Erkenntnistheoretiker erscheint der Begriff konstruktivistischer Realismus zunächst als Oxymoron. Piet Strydom strukturiert gegen eine verbreitete Dichotomie von Realismus und Konstruktivismus ein Spektrum von vier epistemischen Positionen:
 Für Vertreter eines strengen Realismus existieren Risiken real als objektive Wahrscheinlichkeiten, die es zu erforschen gilt, um die auszuführenden Handlungsweisen zu optimieren. Ein reflexiver Realismus relativiert zwar die Existenz objektiver Wahrscheinlichkeiten, setzt aber genau wie ein strenger Realismus einen „essentialistische[n] Bedeutungsgehalt in der Rede von »Natur« und »Naturzerstörung«“  voraus: gute Folgen müssen von schlechten Folgen schon vor deren Eintritt unterschieden werden können. In einem realistischen Konstruktivismus wird hingegen diese essentialistische Unterscheidung aufgegeben; es erfolgt eine „Wendung zur handlungsbezogenen Akteurs- und Institutionentheorie“ . Einerseits wird die Inszenierungsthese eingeführt, d.h. Risiken sind eine konstruierte Wirklichkeit, andererseits wird der realistische Aspekt gegenüber einer reinen konstruktivistischen Position insofern aufrechterhalten, dass die Risikowahrnehmung das Handeln beeinflusst und dadurch direkt in die Wirklichkeit hinein wirkt. Je näher die Wirklichkeitskonstruktionen „an und in Institutionen (…), desto machtvoller, entscheidungs- und handlungsnäher sind sie – und desto »wirklicher« erscheinen sie.“ 
 Die stärkste Verbindung von Risikowahrnehmung und Entscheidung weist die Institution der Versicherung auf. Die Risikowahrnehmung von Versicherungen ist folglich eine sehr »realistische«. Doch was bedeutet es, wenn diese Institution versagt?

4.3 Das Scheitern des Versicherungsprinzips

„Wenn ein Brand ausbricht, kommt die Feuerwehr; bei einem Verkehrsunfall zahlt die Versicherung. Dieses Zusammenspiel von Vorher und Nachher, von Sicherheit im Jetzt, weil Vorkehrungen für den schlimmstdenkbaren Fall getroffen wurden, ist im Atom-, Chemie-, Gen- und Terrorzeitalter aufgehoben. Atomkraftwerke haben im Glanz ihrer Perfektion das Versicherungsprinzip nicht nur im ökonomischen (…) Sinne außer Kraft gesetzt. Die »Restrisikogesellschaft« ist eine versicherungslose Gesellschaft geworden, deren Versicherungsschutz paradoxerweise mit der Größe der Gefahr abnimmt.“

Großgefahren sind wie im 3. Kapitel aufgezeigt wegen der Ungewissheit, der Irreversibilität und der fehlenden Kompensierbarkeit der Folgen nicht versicherbar. „Das Fehlen eines angemessenen privaten Versicherungsschutzes ist demnach der institutionelle Indikator für den Übergang in die unkontrollierbare Risikogesellschaft der Zweiten Moderne.“  Technologien wie Kernenergie und Gentechnik sind deshalb auf große Subventionen in Form von staatlicher Mitversicherung angewiesen. Bei Staaten ist die Nähe von Risikowahr-nehmung und Entscheidung nicht so stark gegeben wie bei Versicherungen, da viele machtpolitische und wirtschaftliche Interessen in die Entscheidungsfindung miteinfließen. Aus diesem Grund sind manche Staaten wie Frankreich und Deutschland dazu bereit, die Versicherung für Kernkraftwerke zu übernehmen, andere wie Österreich oder Italien hingegen nicht. Die Entscheidung für oder gegen Atomenergie leitet sich jedoch nicht ausschließlich vom Risiko eines Unfalls ab.
 Dass private Versicherungen nicht bereit sind, das Risiko von Großgefahren auf sich zu nehmen, zeigt auf, dass ein ökonomisches Risikokalkül, welches auf Risikowahrnehmung und Nutzen basiert, entweder ein negatives Ergebnis liefert oder ganz versagt.

 

5. Prinzipien des Umgangs mit Großgefahren

5.1 Prinzip der Vorsorge

Bei Großgefahren ist das klassische Risikokalkül außer Kraft gesetzt. Es müssen nun alle möglichen Szenarien unabhängig von ihrer Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden. Zu den Erfahrungen und den Wissenschaften muss die Vorstellungskraft, die Fiktion und die Furcht hinzutreten.  Eine schöne Begründung dafür ist unter Anlehnung an Descartes die folgende: „Ich muss mir, aus Vorsicht, die schlimmste Möglichkeit ausmalen. Das ist die Folge davon, dass ein unendlich trügerischer, böswilliger Dämon sich in ein scheinbar unschuldiges Unternehmen eingeschlichen haben könnte.“ 
Doch was ist die schlimmste Möglichkeit? Könnte im Forschungs-Fusionsreaktor ITER in Frankreich ein schwarzes Loch erzeugt werden? Könnte bei der Forschung nach einem Aids-Medikament der HIV-Virus mutieren und die Menschheit auslöschen? Es ist äußerst schwierig, realistische Möglichkeiten von science fiction abzugrenzen; die Grenze verschwimmt und ist im Laufe der Zeit sehr durchlässig. Die Standards für realistische Möglichkeiten können nur im Diskurs zwischen Wissenschaftlern und phantasiereichen Menschen entwickelt werden.
Wenn sich in diesem Diskurs herausstellt, dass zu den als realistisch angenommen möglichen Folgen einer Handlung Schäden gehören, die jenseits einer bestimmten Grenze liegen, muss diese Handlung unterlassen werden. Dies entspricht in etwa dem Prinzip Verantwortung von Hans Jonas, aus dem sich folgender Imperativ ableiten lässt: „Handle so, dass du den Fortbestand der Menschheit nicht gefährdest, vermeide den größtmöglichen Schaden, den man sich vorstellen kann, und versuche nicht, das gegenüber anderen Vorteilen abzuwägen.“  Was neben der Auslöschung der Menschheit zu dem größtmöglichen Schaden gehört, bleibt allerdings fraglich.
 In der Spieltheorie entspricht einem solchen Katastrophenvermeidungsszenario das Minimax-Kriterium, welches fordert, ein Spiel so zu spielen, als ob man einen optimalen Gegner vor sich hätte. Zum Beispiel wenden Schachcomputer dieses Verfahren an.

5.2 Verhältnis von Vorsorgeprinzip und Risikokalkül

 Dass bei Gefährdungen, die den Fortbestand der Menschheit nach sich ziehen können, das Vorsorgeprinzip unbedingt angewandt werden muss, ist nachvollziehbar. Wie verhält es sich aber mit dem größtmöglichen Schaden, der einer einzelnen Person zustoßen kann, also ihr Tod?  Wenn die Würde des einzelnen Menschen genau gleich viel wiegt wie der Fortbestand der Menschheit, müsste auch hier das absolute Vorsorgeprinzip bei ungewissen Gefahren gelten. Da dies aber eine völlig unrealistische Option darstellt, muss angenommen werden, dass die Würde des Einzelnen weniger „wert“ ist als der Fortbestand der Menschheit.
Möglicherweise kann man sich Würdeverletzungen beim Eingehen von Risiken als ein Kontinuum vorstellen, ohne dabei die Unantastbarkeit der Würde des Einzelnen aufzuheben: Kriterien für die Stärke der Würdeverletzung sind die Stärke der physischen Verletzung (gesundheitliche Einschränkungen, Leiden, Tod), die Stärke der psychischen Verletzung (Einschränkung grundlegender Rechte, Behinderung der Selbstverwirklichung), der Grad der Zustimmung des Einzelnen, das jeweilige Risiko einzugehen (direkte Zustimmung, indirekte Zustimmung durch Zustimmung zu demokratischen Verfahren, Ablehnung), und schließlich die gerechte Verteilung der Risiken auf die Gesellschaft. Da nach Kant die Fähigkeit zur Selbstgesetzgebung (Autonomie) des Menschen seine Würde konstituiert, muss vor allem auf den Aspekt der Zustimmung besonderen Wert gelegt werden. Die Zahl der betroffenen Personen darf hingegen keine Rolle spielen, da Würde nicht aufrechenbar ist. Je größer die Verletzung der Würde der am schlimmsten betroffenen Person in der schlimmst-denkbaren Folge einer Handlung großer Ungewissheit ist, desto eher muss das Vorsorgeprinzip gegenüber der Abwägung durch ein Risikokalkül bevorzugt werden.
 Die Problematik des Übertragens von Verantwortung auf Institutionen lässt sich mit John Rawls klären: Würde eine Person die Gesetzgebung einer Welt bestimmen dürfen, bevor sie in die Welt hineingeboren wird, ohne zu wissen wo, unter welchen Bedingungen und mit welchen Genen sie auf die Welt kommen wird, würde sie eine Welt wählen, in der die Verantwortung, gewisse Risikoaussetzungen einzugehen, an demokratische Strukturen übergeben sind, um einen bestimmten Nutzen für alle zu erlangen. Damit erfolgt auch eine indirekte Zustimmung zu den Risiken, die die Regierung für einen eingeht. Die Zustimmung wird jedoch an die Bedingung geknüpft sein, dass bei Belangen von großer Unsicherheit, die Leben, Gesundheit oder Freiheitsrechte nur einer einzigen Person betreffen (denn als diese eine Person könnte man ja geboren werden), das Vorsorgeprinzip angewandt wird.

5.3 Anwendung

5.3.1 Gentechnik
 Die schlimmste Situation, die von Naturschützern und Umweltverbänden als mögliche realistische Folge der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen (GVOs) angebracht wird, beinhaltet, dass sich Gennahrung in einigen Jahrzehnten als stark gesundheitsschädlich erweisen könnte und es in einem solchen Fall durch zahlreiche Auskreuzungen nicht mehr möglich ist, die genveränderte DNA aus der Natur zu entfernen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu diesem Ausgang kommt, ist äußerst ungewiss. Langzeitstudien sind noch nicht verfügbar; es gibt jedoch einige Indizien für eine solche Folge: Bei Ratten wurden beispielsweise Abweichungen im Gewicht der Organe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe festgestellt, als diesen über einen längeren Zeitraum hinweg GVOs als Nahrung gefüttert wurden. 
 Zwei Modelle der Entscheidungsfindung stehen nun zur Verfügung: Eine Risikokalkül könnte aufgestellt, dabei nicht zur Verfügung stehende objektive Wahrscheinlichkeiten durch Risikowahrnehmung ersetzt und der Preis für das Sicherheitsempfinden der Menschen miteingerechnet werden. Zwar würden auch die Ergebnisse eines solchen Kalküls in der aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ausgangslage wahrscheinlich gegen die Freisetzung von GVOs sprechen, doch ist es denkbar, dass – vor allem bei einer starken Verbesserung der vorteilhaften Eigenschaften der Pflanzen – der Nutzen von GVOs die Risiken, genauer gesagt die Risikowahrnehmung, übersteigt. Das zweite Modell ist das Prinzip der Vorsorge: Da die möglichen Folgen des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen aufgrund mangelhafter Beschreibungsmöglichkeiten der komplexen Naturvorgänge in wissenschaftlichen Modellen sehr ungewiss sind und da die Möglichkeit von starken Würdeverletzungen als Folge der Freisetzung besteht, müsste hiernach auf den freiflächigen Anbau verzichtet werden.
 Welches Modell muss angewandt werden? Gegen ein Risikokalkül spricht die Einstufung der Risiken als existentielle Risiken (3.1), die mangelnde Kompensierbarkeit der möglichen Schäden (3.2), die raum-zeitliche Unbegrenztheit der Schäden und damit das Versagen des Verursacherprinzips (3.6), der hohe Grad an Ungewissheit (3.6) und das Versagen des Versicherungsprinzips (4.3); für das Prinzip der Vorsorge und damit gegen das Risikokalkül spricht außerdem die Tatsache, dass durch die raum-zeitliche Unbegrenztheit die Schäden auch Regionen  betreffen, die nicht in der Verantwortung der entscheidenden Institution liegen und deren Bewohner dadurch der Risikoaussetzung nicht einmal indirekt über demokratische Verfahren zustimmen konnten (5.2).
 Widerlegt werden soll noch der mögliche Vorwurf der einseitigen Betrachtung, welche nicht berücksichtige, dass das schlimmst-denkbare mögliche Folgenszenario eines Verzichts auf grüne Gentechnik auch große Hungersnöte und damit Würdeverletzungen beinhalten könnten. Hunger und Armut sind nämlich durch Geld, Optimierung der Produktivität, neue Technologien, gerechte Verteilungsstrukturen etc. kompensierbar, die Kontaminierung von Getreide und die vor Bekanntwerden der Gefahren eingetretenen Gesundheitsschädigung hingegen nicht.

5.3.2 Kernenergie
 Das Bundesforschungsministerium gab schon in den siebziger Jahren in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Reaktorsicherheit die erste Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke (DRS) in Auftrag. Die Ergebnisse der letzten Phase dieser Studie (DRS-B) wurden am 30. Juni 1989 vorgestellt: Die errechnete Gesamthäufigkeit einer Kernschmelze mit Freisetzung von stark radioaktivem Material liegt nach dieser Studie bei einem Unfall in 33.000 Reaktorbetriebsjahren (Ra), bei optimalen accident management-Maßnahmen sogar nur bei einem Unfall in 250.000 Betriebsjahren. Die Zahl der voraussichtlichen Todesfälle belief sich auf durchschnittlich 500.000 (diese hängt jedoch stark von der Bevölkerungsdichte der betroffenen Region ab).  Das Risiko von 1/33.000 Ra darf nicht unterschätzt werden: Bei weltweit 444 Kernkraftwerken  würde das bedeuten, dass es alle 75 Jahre zu einem Unfall kommen würde.
 Ein ökonomisches Risikokalkül, welches als Unfallwahrscheinlichkeit die Ergebnisse dieser Studie zugrunde legt, kann u.U. das Ergebnis hervorbringen, dass die Vorteile der Kernkraft die Risiken mehr als aufwiegen. Als solche Vorteile werden u.a. die Energiesicherheit, günstigere Energiepreise und damit eine höhere Wirtschaftsleistung und die Sicherung von Arbeitsplätzen und Wohlstand angebracht. Doch inwieweit lassen sich Risikokalküle auf die Entscheidungsfindung für oder gegen Kernenergie anwenden? Als ersten Einwand auf die Anwendbarkeit kann man vorbringen, dass die rein technische Risikoberechnung viele Faktoren nicht einbezieht und damit für die Entscheidungsfindung nicht relevant sein kann. Die Ungewissheit kommt vor allem bei menschlichem Versagen und Böswilligkeit ins Spiel; die Gefahr, dass ein Terrorist mit einem entführten Flugzeug in ein Atomkraftwerk fliegt, wurde vor 18 Jahren noch gar nicht in Betracht gezogen und kann auch heute nicht in ein Risikokalkül miteinbezogen werden. Selbst bei einem möglichen zukünftigen Kraftwerk mit technisch immanenter Sicherheit bleibt die Gefahr der böswilligen Manipulation erhalten.
 Es ist also nicht nur die Information über die technische Wahrscheinlichkeit eines Reaktorunfalls, die der Öffentlichkeit weitgehend entzogen wird, es ist auch die Tatsache, dass das technische Risiko überhaupt nicht dem „wirklichen“ Risiko entspricht und dass die „wirkliche“ Gefahr zutiefst ungewiss ist. Weitere Argumente gegen die Anwendung des Risikokalküls sind wiederum die existentiellen, nicht kompensierbaren Würdeverletzungen, das Versagen des Versicherungsprinzips (Atomkraftwerke werden durch die Übernahme der Haftpflichtversicherung durch den Staat massiv subventioniert; müssten die Kraftwerksbetreiber ihre Werke selbst versichern, würden sie wahrscheinlich für die notwendige Versicherungssumme von mehreren Billionen Euro keinen Versicherer finden und dadurch das Kraftwerk stilllegen müssen; falls doch, würde Atomstrom teurer werden als Solarstrom) , und die Tatsache, dass die negativen Folgen eines Unfalls auch Menschen betreffen würden, die weder dem Risiko der Nutzung von Atomenergie zugestimmt haben noch von ihren ökonomischen Vorteilen profitieren. Diese Würdeverletzung mussten im Jahr 1986 viele Bewohner europäischer Länder hinnehmen, die weder persönlich noch vermittelt über Institutionen einem Risiko zugestimmt hatten, das sich innerhalb kürzester Zeit von einer Antizipation zu einer erzwungenen Partizipation wandelte.

5.4 Fazit

Ich plädiere nicht dafür, jedes technische Risiko für irrelevant zu erklären und jede Entscheidungssituation als Situation der Ungewissheit dem Prinzip der Vorsorge zu unter-werfen. Die Verwendung eines Risiko-Nutzen-Kalküls, welches allein das technische Risiko berücksichtigt, muss man jedoch als unzureichend sowie im ökonomischen als auch ethischen Sinn verwerfen. Allein die Integration des Aspekts des Sicherheitsempfindens in das ökonomische Risikokalkül und die konsequente Anwendung des Versicherungsprinzips würden bestimmte Großgefahren wie die Kernenergie unwirtschaftlich machen und damit aus der Welt räumen. Bei globalen Risiken mit hoher Ungewissheit, bei denen das Versicherungsprinzip nicht anwendbar ist und jedes Kalkül versagt, muss meiner Meinung nach das Vorsorgeprinzip angewandt werden, wenn nur eine betroffene Person ihre Zustimmung verweigert, das Risiko um eines bestimmten nicht-existentiellen Nutzens willen einzugehen. 

 

 

 

 

Literatur

 

BECK, Ulrich, Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit, Regensburg 2007.

BENTHAM, Eine Einführung in die Prinzipien der Moral und der Gesetzgebung, in: HÖFFE, Otfried (Hrsg.), Einführung in die utilitaristische Ethik, Tübingen 2003³, 55-83.

DEUTSCHES ATOMFORUM e.V., Kernenergie in Deutschland. Jahresbericht 2005, Berlin 2006.

EWALD, Francois, The Return of Descartes’ Malicious Demon. An Outline of a Philosophy of Precaution. In BAKER, Tom / SIMON, Jonathan (Hgg.), Embracing risk, Chicago 2002, 273-301.

KANT, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Göttingen 2004.             [Seitenverweise auf die Paginierung der Akademie-Ausgabe]

LAYARD, Richard, Happiness. Lessons from a New Science, New York 2005.

MASLOW, Abraham H., Motivation und Persönlichkeit, Hamburg 1981.
 
MASUCH, Anna (Hrsg. und Mitverfasserin), Atomkraftwerke. Unsicher und grundrechtswidrig. Ein Bericht über Kernschmelzgefahr und Grundrechts-beeinträchtigungen, Hannover 1998.

NIDA-RÜMELIN, Julian, Ethik des Risikos, in: DERS., Angewandte Ethik. Die Bereichsethiken und ihre theoretische Fundierung, Stuttgart 1996/2005, 806-830.

PETRI, Herbert L., Motivation. Theory, Research, and Applications, Pacific Grove u.a. 1996.

STOLLORZ, Volker, Nagende Zweifel, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.09.2004, Nr. 37, Seite 65.

STRYDOM, Piet, Risk, Environment and Society, Buckingham – Philadelphia 2002.

 

 

 

 

Anhang


A1.  Erläuterung der Nutzenformel

      

pi, pz, pw ?? {x|x?R?x?0?x?1};   i,z,w?? {x|x?R?x?0}.


Die Formel soll anhand des Beispiels „Rauchen oder Nichtrauchen“ erläutert werden.

Das mathematische Verhältnis von pi, pz und pw spiegelt die Prioritäten des Entscheidungsträgers wider, und zwar wie stark die Intensität des möglichen Nutzens, die zeitliche Nähe und die Eintrittswahrscheinlichkeit im Verhältnis zueinander bei der Entscheidungsfindung gewichtet werden. Eine Person mit niedrigem pw-Wert ist z.B. sehr risikofreudig; jemand mit niedrigem pz-Wert sehr vorsorgend (d.h. die Relevanz einer Folge nimmt bei zunehmendem zeitlichem Abstand weniger stark ab als bei Menschen mit hohem pz-Wert).
 
Die Zahlenwerte sind hier frei gewählt, sollen aber Größenordnungen und Verhältnisse angeben. Nichtraucher haben einen sehr hohen möglichen Nutzen, nämlich ein einige Jahre längeres und gesünderes Leben, (i=1000); jedoch ist der mögliche Nutzen in weiter Ferne (z=100) und ist außerdem nicht besonders sicher, denn man könnte ja auch trotz Rauchen wunderbar gesund leben oder auch schon am nächsten Tag bei einem Autounfall sterben (w=10). Raucher haben einen geringen Nutzen, nämlich das gute Gefühl und evtl. die Vermeidung von Entzugserscheinungen (i=10), diese Folge tritt ziemlich schnell (z=1) und mit ziemlich hoher Sicherheit ein (w=100).
 i z w
Rauchen 10 1 100
Nichtrauchen 1000 100 10

 

 

Angenommen werden zwei Personen A und B, die bei ihren jeweiligen Entscheidungsfindungen unterschiedliche, wenn auch ähnliche Prioritäten setzten. Person A wird sich entscheiden zu rauchen, Person B nicht zu rauchen.
 pi pz pw Rauchen Nichtrauchen
Person A 0,2 0,1 0,7 39,8 31,6
Person B 0,2 0,2 0,6 25,1 39,6

 

 


Fußnoten

  Vgl. z.B. Layard 2005.
  Vgl. Petri, 318-328 sowie Maslow, 62-74.
  Vgl. Bentham, 80f.
  Interview im Dokumentarfilm „We feed the world“ (2005) von Erwin Wagenhofer und Max Annas
  Arme Familienväter sind u.U. dazu bereit, ihr Leben zu opfern um mit dem gewonnen Geld ihrer Frau und ihren Kindern das Überleben zu sichern.
  Vgl. Nida-Rümelin, 610.
  Ebd., 612.
  Beck, 36.
  Ebd., 32.
  Ebd., 32f.
  Vgl. ebd., 29.
  Vgl. ebd., 34.
  Vgl. Nida-Rümelin, 812f.
  Beck, 28.
  Kant, 429.
  Nida-Rümelin, 819.
  Beck, 59.
  Ebd., 61f.
  Beck, 101.
  Ebd., 33.
  Beck, 34.
  Ebd., 36.
  Ebd., 66.
  Vgl. Strydom, 47.
  Beck, 168.
  Ebd.
  Ebd., 169.
  Beck, 61.
  Ebd., 239.
  Vgl. ebd., 105.
  Ewald, 285.
  Nida-Rümelin, 816f.
  Hier lässt sich zu Recht einwenden, dass es weit tief greifendere Verletzungen der menschlichen Würde gibt als eine Person zu töten, z.B. Folter.
  Vgl. Stollorz, 65.
  Vgl. Masuch, 105.
  Stand Anfang 2006. Vgl. Deutsches Atomforum e.V., 6.
  Vgl. Kapitel 4.3.

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